Nachdenken

Wir müssen den technischen Fortschritt so weit bringen, dass wir uns nicht mehr um die Erhaltung unseres Lebens kümmern brauchen. Dann hätten wir endlich Zeit zum Denken. Verwaltungsvorgänge, Einkaufen, Kochen, etc. unterbrechen nur den Strom des Nachdenkens. Eben diese Tätigkeiten sind es auch, die die Unterdrückung der Volksmassen heutzutage ermöglichen. Wer im Supermarkt in der Schlange an der Kasse steht, kann gleichzeitig keine Revolution machen; und wenn er versucht, einen klaren Gedanken zu fassen, will sicher jemand mit dem Korb durch. So kommt keine Konzentration, kein Gedankenfluss zustande. Nur nicht-zusammenhängende Fragmente, Denkansätze ohne Ausführung.

Wie konnten die Griechen eine so hochstehende Kultur und Philosophie entwicken? Weil es nicht die Griechen insgesamt waren, sondern ein kleiner, sehr kleiner Teil von ihnen, der sich um nichts anderes kümmern brauchte, als um die eigene Gesunderhaltung, und auf diese Weise Zeit zum Nachdenken und Reden über das Nachgedachte hatte.

Es ist wohl nicht zeitgemäß, die Sklaverei wieder einzuführen. Aber in gewissem Sinne haben wir ja schon Sklaverei, indem wir die Maschinen für uns arbeiten lassen. Und warum sollten wir diese Sklaverei nicht bis zum Äußersten ausreizen und die Maschinen soweit weiterentwickeln, bis sie uns sämtliche Arbeit abgenommen haben?

Der tiefe Ozean

Meine Seele ist ein Ozean: tief und weit. Jede Welle ein erregtes Gefühl. Je tiefer man eindringt, desto größer wird der Druck. An der Oberfläche ist alles überschaubar und einfach. Doch in die tiefen Regionen dringt die Sonne nicht vor. Wer dort etwas sehen will, muss selbst Licht abstrahlen, Energie einbringen. Dort gibt es fabulöse Tiere und Pflanzen, es gibt Vulkane und hin und wieder ein Erdbeben. Und wenn diese Erdbeben von kleinen Grübchen neben den Lippen, Sommersprossen und einer scheinbar unangetasteten Seele ausgelöst wird, dann erzittert der ganze Ozean, dann erwärmt sich der ganze Ozean und taut das Eis der Polkappen ab.

Tagträumen

Tagträumen ist die Fähigkeit, nicht mit Worten, sondern mit Bildern zu denken. Leider wird diese Fähigkeit, die sicher jeder von uns von Geburt an besitzt, durch Erziehung verstümmelt oder vernichtet. Wie können Eltern grausam sein. Dabei ist Denken in Bildern viel schneller, informationshaltiger und emotionaler als unser karger, stockender Wortstrom, der letztlich sowieso nur die Hälfte von dem auszudrücken vermag, was wir auszudrücken im Stande wären. Stattdessen sollten Tagträume nutzbar für unsere geistige Potenz gemacht werden. Damit sie nicht durch ein Fingerschnipsen für immer aus unserem Gedächtnis verschwinden.

Verstehen

Was heisst wirkliches Verstehen? Verstehen ist nicht nur, zu einem Gegenstand historische Bezüge herstellen zu können, diesem Gegenstand einen Kontext zu geben, allgemein viel Wissen um ihn herum zu reproduzieren. Verstehen ist eine Emotion gegenüber diesem Gegenstand, eine Bewegung des Geistes und ein bewegtes Gefühl hindurch diesen. Wirkliches Verstehen gibt Zufriedenheit und Vertrautheit, ein Gefühl der Freundschaft; und einen intuitiven Zugriff auf alles, was diesen Gegenstand betrifft.

Politiker

Politiker: Man muss damit rechnen, dass Politiker, wie die meisten Menschen ebenso, einfach nur bequem sind. Ihr Handeln, genauso wie ihre Politik, wird davon geleitet, diese Bequemlichkeit zu erhalten bzw. auszubauen. Und wenn ich in die selbstgefälligen Fratzen so mancher Politiker sehe, so möchte ich sie am liebsten nackt, im Winter auf dem Reiterstandbild Friedrichs des Großen sitzen sehen. Das ist unbequem!

Music with Changing Parts

Music with changing parts. Nach viertelstündigem Hören löst sich der Bezug zu allem. Es existieren keine Beziehungen mehr; weder zur Umwelt noch zu sich selbst. Die physikalische Anwesenheit und Präsenz in der Umgebung existiert im Geist nur scheinbar. Die Physik ist außer Kraft gesetz und existiert nur scheinbar. Life goes in Pattern.

Alles, was einen umgibt, alles, was man sieht, riecht, tastet – rastet in Muster ein und vergeht mit eben diesen Mustern. Life goes in pattern.

Eindrücke verfliegen in Zeitraffer und verweilen in Zeitlupe zugleich. Eindrück werden in ihre schnellen und langsamen Bestandteile aufgespalten. Als Eindruck gilt alles. Die hereinströmenden Informationen nehmen an Intensität und Masse zu. (Delaunys Eiffelturm besitzt auch schnelle und langsame Bestandteile.) Nur Leben im Jetzt. Kein Memorieren, keine unmittelbare Erinnerung. Sofort alles verschwunden, und es gibt sofort neues “alles”. Überfluss, Vergängnis, Overflow.

Morgen

Es ist schön, noch morgen sagen zu können. Nein, nicht etwa als Abkürzung für “Guten Morgen”, sondern zu sagen: Morgen ist noch ein Tag für mich, da kann ich Dinge erledigen, Sachen machen. Dinge, die ich heute nicht schaffe oder einfach nicht machen will, denn ich kann sie ja noch morgen tun. Doch woher nehmen wir die Gewissheit, dass morgen noch existiert? Es ist keine Gewissheit; es ist nur eine Annahme, um Kontinuität in unser Handeln zu bringen. Denn wie würde man sonst Aufgaben schaffen, die mehrere Tage dauern, ja Wochen oder Monate? Man müsste jeden Tag einen Abschluss machen, einen Strich unter die Rechnung des Lebens. Doch das würde heißen, jeden Tag aufhören zu leben.